Stellungnahme

Gleichstellung von Schutzzonen für vulnerable Gruppen in Einwirkungsbereichen
der Mobilfunkinfrastruktur November 2024

https://www.lobbyregister.bundestag.de/media/ef/47/371231/Stellungnahme-Gutachten-SG2411060022.pdf

Im „TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz“ 20/13171 sollen alle Ausbauvorhaben in sämtlichen Genehmigungsverfahren „im überragenden öffentlichen Interesse“ stehen. Dieses bevorzugt die Mobilfunkinfrastruktur. Das Gesetzesvorhaben steht im Widerspruch zum Vorschlag aus dem Bericht des Technikfolgenausschusses des Deutschen Bundestages „Mögliche gesundheitliche Auswirkungen
verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF)“, in dem die anerkannten
Grundsätze des Risikomanagements diskutiert und gefordert und unter anderem Schutzzonen
vorgeschlagen werden [1]. Die Verwirklichungsoption würde mit dem „TK-Netzausbau-Beschleunigungs- Gesetz“ kaum realisierbar. Somit beantragen wir, die Einrichtung von Schutzzonen als „überragendes öffentliches Interesse“ dem Mobilfunk gleichzustellen.


Begründung:
Immer mehr Menschen sind in ihrer Lebensführung durch elektromagnetische Felder (EMF) beeinträchtigt und sozial ausgegrenzt. Die häufigsten Symptome sind Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Brain Fog, Chronische Erschöpfung/Burnout, Tinnitus, neurologische Symptome, Infektneigung. Dieses bezeichnet man als idiopathische Umweltintoleranz (IEI-EMF). Die alternative Bezeichnung ist Elektrosensibilität bzw. Elektrohypersensibilität (EHS). Von der EU ist EHS als Krankheit auf verschiedenen Ebenen anerkannt, so vom EU-Parlament, vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) [2], wie auch vom Ausschuss für Tech-
nikfolgenabschätzung (STOA) [3]. Die bisher umfassendste Standortbestimmung zu elektromagnetischer Hypersensibilität (EHS) wurde von der französischen Agentur für Lebensmittel-, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES) publiziert [4]: Schätzungsweise 5 % der Bevölkerung sind demnach elektrohypersensibel. EHS-Patienten zeigten hierbei im Übrigen keine erhöhte Psychopathologie und keine erhöhte psychiatrische Komorbidität (S. 234-24), was rein psychosomatische Ursachen laut diesem Bericht unwahrscheinlich werden lässt (S. 77).
Die wirkungsvollste Maßnahme zur Vermeidung von Symptomen und zur Regeneration Betroffener ist das Meiden elektromagnetischer Felder. Schwerstbetroffene haben keine andere Möglichkeit, beschwerdefrei zu leben.
Durch den zunehmenden flächendeckenden Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur ist dieses immer schwieriger. Auch wenn es aktuell auf kommunaler Ebene noch möglich wäre, solche gebietsbezogenen EMF-Reduzierungen (Schutzzonen) einzurichten, so haben diese keinen Vorrang vor anderen Interessen. Dort, wo aktuell noch strahlungsarme Orte sind, werden keine Baugebiete ausgewiesen. Innerhalb von bestehenden bebauten Gebieten sind Interessenskonflikte mit den Anwohnern zu erwarten.


Thomas Warmbold

  1. Vorsitzender gesund verNETZt e.V.
    Zum Schlackenbölt 18
    49835 Wietmarschen

    Tel.: 05925 949160
    Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2) und der Unversehrtheit der Wohnung (Artikel 13) sind im Grundgesetz verankert. Die heute schon zum Teil erhebliche Ausgrenzung Betroffener aus dem gesellschaftlichen Leben steht auch im Widerspruch zu dem internationalen Übereinkommen zur Förderung und zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) und den daraus entwickelten Vorschriften (z. B. dem seit 2002 geltenden Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)).
    Diese Grundwerte gelten auch für Menschen mit einer idiopathischen Umweltintoleranz-EMF. Die Erheblichkeitsschwelle ist bei 5% Betroffenen in der Bevölkerung (s.o.) überschritten. Wünschenswert wäre eine allgemeine Senkung der Grenzwerte.
    Mindestens aber müsste die Erhaltung von Potentialflächen und der Ausbau von Schutzzonen für Betroffene und ihre Angehörigen gleichrangige Priorität wie der Ausbau von Mobilfunksendeanlagen haben.
    In den Schutzzonen sollten eine minimale Strahlungsexposition (< 1μW/m² Peak, was ausreicht, um eine Grundversorgung mit Mobilfunk zu gewährleisten) sowie Anschluss an die Gigabitinfrastruktur über Glasfaser sichergestellt sein.
    Im Sinne der Technologieneutralität und der möglichen gesundheitlichen Auswirkungen des Mobilfunks sollten Menschen die Möglichkeit haben, durch Wahl ausgewiesener Wohnorte zu entscheiden, welche Versorgung an die Gigabitinfrastruktur sie wählen. Das impliziert auch, welche vermeidbaren Immissionseinwirkungen nicht gewählt werden. In diesen Schutzzonen ist die Verwendung von Mobiltelefonen oder die Errichtung von Sendeanlagen verboten oder stark eingeschränkt (vergleiche TAB S. 21).
    Diese gebietsbezogene Reduzierung der EMF-Immissionen ist dem Ausbau des Mobilfunks gleichzustellen und somit auch als „überragendes öffentliches Interesse“ einzustufen. Die Schutzzonen sind in den Flächenländern so einzurichten, dass Betroffene im regionalen Kontext wohnen bleiben können. In Stadtstaaten sind pragmatische Lösungen zu entwickeln.
    Für Rückfragen und detaillierte bauplanerische Ausarbeitungen stehen wir gerne zur Verfügung.
    Mit freundlichen Grüßen
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    Thomas Warmbold
    für gesund verNETZt e.V.

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