Newsletter-Ausgabe 06/2024:

  • Bundesamt für Strahlenschutz verleiht Expositionsmeter – erste Testergebnisse
  • Europeans for Safe Connections-Konferenz in Deutschland – Anmeldungen sind noch möglich 
  • Flyer „Strahlenflüchtlinge“ wieder erhältlich

Liebe Freunde einer menschen- und umweltfreundlichen Vernetzung,

Seit Februar 2024 bietet das BfS einen neuen Service auf seiner Homepage an. Interessierte können ein Personenexposimeter ausleihen. Das Dosimeter soll entweder niederfrequente oder hochfrequente Felder 24 Stunden lang kontinuierlich aufzeichnen. Für eine Servicegebühr von 45.-€ werden eine Auswertung und ein Messbericht erstellt. 
https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzentrum/verleih/verleih.html


Zwei Auswertungen konnten wir uns anschauen und besprechen. Hier das Resultat.

1. Die Fragebögen

Wir hatten die Hoffnung, dass es sich bei dem Service auch um Forschung zur Elektrosensibilität handeln könnte. Denn anhand eines Fragebogens zu einsetzenden Symptomen würde sich in vielen Fällen eine Dosis-Wirkungsbeziehung herstellen lassen können.

Doch bereits in dem optionalen Fragebogen, der dem Dosimeter beilag, deuteten die Fragestellungen auf eine andere Zielsetzung hin. Zum Beispiel lautete eine Frage:

Wie besorgt sind Sie über Ihre persönliche Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern?“

Mit der Auswertung der Messergebnisse erhielt man einen zweiten Fragebogen, und hier lautete die Frage nun:

Wie besorgt sind Sie über Ihre persönliche Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern nachdem Sie Ihre persönlichen Messergebnisse erhalten haben?

Das heisst, die Umfrage des BfS zielt eindeutig auf die Erwartungshaltung und damit auf einen psychologischen Effekt – nicht auf die reale Wirkung von EMF. Die Frage nach der Sorge gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern ist nicht akzeptabel, dies hat auch dasBVerG und das BayVGH ausdrücklich bestätigt:

»Das BVerG und das BayVGH lehnen ausdrücklich die Einordnung von EMF als lediglich „Immissionsbefürchtungen“ ab und benennen, dass ein „vorsorgerelevantes Risikoniveau“ besteht.« (Vgl. Brückner, Kommunale Mobilfunkkonzepte im Spannungsfeld zwischen Vorsorge und Versorgung, Seite 106)

2. Die Auswertung der Messergebnisse

2.1 Zur Darstellung der Intensitäten (Leistungsflussdichten)

Die ausgegebenen Exposimeter nehmen alle 6 Sekunden einen Messwert der Intensitäten auf, in diesem Fall der elektrischen Feldstärke in der Einheit V/m. In der Auswertung wurden alle Intensitäten aber nur als Durchschnittswerte (AVG) über 6 Minuten angegeben – das heißt, sie wurden jeweils in Intervallen von 6 Minuten Länge gemittelt. Dadurch werden Belastungsspitzen, also hohe Belastungswerte in kurzen Zeiten (sogenannte Peaks), drastisch reduziert dargestellt – quasi „rausgemittelt“. Dieses Verfahren ist von der Bundesimmissionsschutzverordnung für Mobilfunkbasisstationen vorgesehen. Für WLAN, Handys und andere 

mobil funkende Geräte gilt diese Mittelung nicht und wird daher auch bei Studien nicht durchgeführt. Somit sind Vergleiche der Auswertung weder mit aktuellen Studien noch mit den baubiologischen Vorsorgewerten oder den Empfehlungen des EUROPAEM möglich. Sinnvolle Vorsorgemaßnahmen können deshalb anhand dieser Auswertung nicht getroffen werden und sind vermutlich auch nicht das Ziel des Angebotes.

Das BfS geht offensichtlich „selbstverständlich“ davon aus, dass die Grenzwerte für Mobilfunkmasten der einzige sinnvolle Vergleichsmaßstab sind. Diese Grenzwerte schützen aber ausschließlich vor thermischen Effekten und ignorieren die biologischen Effekte.

Auf Nachfrage eines der Tester wurden ihm weitere Auswertungen zugeschickt. Diese enthielten die Originaldaten in einer Excel-Tabelle sowie Diagramme. Aus den Originaldaten konnte eines unserer Mitglieder, eine Wissenschaftlerin, mit mehrstündigem Aufwand Diagramme der ungemittelten-Werte mitsamt Markern erzeugen. Nutzer ohne Auswerteerfahrung können mit den Originaldaten in dieser Form aber nichts anfangen.

2.2. Positionsmarkierungen

Das eingesetzte Dosimeter ist hochwertig. Es besteht die Möglichkeit, zu bestimmten Zeitpunkten eine Markierung zu setzen, einen sogenannten Marker. Das haben wir bei unserem Testdurchlauf auch gemacht. Wir hatten die Hoffnung, dadurch ganz konkret zu einem bestimmten Zeitpunkt das jeweilige Messergebnis der erfassten 29 Frequenzen zu erfahren. Aber da in den Diagrammen die Messwerte von 6 Minuten zusammengefasst wurden, können wir nicht sehen, ob es zum Zeitpunkt der Markierungen eine Änderung in einer der Intensitäten gab. Daher ist auch dieses Ergebnis für uns nicht verwertbar.

Unsere Einordnung

Ein Blick in das Mobilfunkforschungsprogramm zeigt, dass es vermutlich nicht um Erkenntnisgewinn über die negative Wirkung von elektromagnetischen Feldern geht oder die Möglichkeit, Vorsorge zu betreiben, sondern um die Risikokommunikation aus Sicht des BfS:

»Bezüglich EMF sind folgende Forschungsthemen langfristig relevant: „Elektrosensible“ Menschen leiden unter vielfachen Beschwerden, die sie EMF zuschreiben – der ursächliche Zusammenhang ist aus Forschungssicht nicht gegeben. Sozialforschung und psychologische Forschung ist für ein besseres Verständnis notwendig und um Kommunikationsangebote für diese Menschen weiterzuentwickeln.« (S. 38) https://doris.bfs.de/jspui/bitstream/urn:nbn:de:0221-2022031531827/3/BfS%20Forschungsprogramm_2022-2026.pdf

Das zuständige französische Bundesamt Anses scheint die Studienlage auch anders zu bewerten. Denn sie führt gerade eine 10-Jahres-Studie zu EHS, mit über 100 Betroffenen durch. Beteiligt sind viele Ärzte und Wissenschaftler, mitsamt auch physiologischer Erhebung, also Expositionserhebung und physiologische Messdaten, z. B. Blutwerte. Sie würden keine derart teure Studie machen und hunderttausende Euros ausgeben, wenn die Datenlage so klar wäre, wie das BfS behauptet.

Im aktuellen Bericht des Technikfolgeausschusses steht die klare Aufforderung an die Politik

»Studien mit elektrosensiblen Personen« zu machen um »Untersuchungen bezüglich verschiedener biologischer Endpunkte [zu] vereinfachen als auch mögliche Effekte klarer [zu] zeigen.« (S. 12)

Daher bedauern wir, dass hier die Chance nicht genutzt wird, der Aufforderung zu folgen.

Zudem steht im gleichen Bericht, dass man bei der aktuellen Studienlage gesundheitliche Schäden durch nichtionisierende Strahlung bei Kindern und Jugendlichen nicht ausschließen kann. Daher müsste das BfS der Bevölkerung die Möglichkeit geben, entsprechend der Studienlage Vorsorge zu betreiben. Sie empfehlen ja auch Vorsorgemaßnahmen. Eine Grundlage für eine sinnvoll durchgeführte Vorsorge ist aber, dass man seine Exposition kennt – und zwar ohne Mittelung. Dafür müsste als Mindestanforderung auch eine ungemittelte grafische Darstellung der Messergebnisse mitgeliefert werden.

Beenden möchten wir unsere Bewertung über den aktuellen Service und die Forschung des Bundesamtes für Strahlenschutz mit einem Zitat aus der sehr empfehlenswerten Dissertationsschrift von Anja Brückner:

„Da die Grenzwerte der 26. BImschV – mit der die Bundesregierung versucht, ihrer Schutzpflicht nachzukommen – auf thermischen Effekten basieren und athermische Effekte gänzlich unbeachtet lassen, sind diese im Lichte eines dynamischen Grundrechtsschutzes und in Anbetracht der mangelhaften Forschungsanstrengungen der Bundesregierung untragbar.“ Seite 66Brückner 2022

Flyer „Strahlenflüchtlinge im eigenen Land“

Der Flyer „Strahlenflüchtlinge im eigenen Land“ kann ab sofort gedruckt bei uns bestellt werden, unter
Bei Flyerbestellungen bitten wir um eine Spende, um den Druck zu finanzieren. Anhaltspunkt sind 10Ct/Flyer plus eine Versandkostenpauschale von 1,60 Euro.

Externer Downloadlink zum selbst Ausdrucken: 
https://nextcloud.webo.hosting/s/XmKjiFfWBWAT9Cs?dir=undefined&path=%2FDeutsch%2FFlyer%20E(H)S%20Wochen

ESC-Konferenz 2024

EHS-Sommer-Treffen
28. bis 30. Juni 2024
Kassel-Zierenberg, Deutschland
(Funkloch*)

Sie sind eingeladen zu unserer Wochenendkonferenz in Deutschland!

ESC möchte die von unseren Freunden in Belgien begonnene Tradition eines EHS-Treffens in Europa fortsetzen. Wir haben ein Funkloch* in der Mitte Deutschlands gefunden; diese schöne Gegend wird Ihnen sicher gefallen. Die Veranstaltung richtet sich an alle ESC-Mitglieder und -Mitgliedsorganisationen sowie an alle anderen, die sich für ESC und EHS interessieren. 

Genießen Sie ein schönes Zusammentreffen mit netten Leuten aus ganz Europa!

Hier der Link zur Einladung: https://esc-info.eu/en/invitation-to-esc-conference-2024/

Die Konferenzsprache wird hauptsächlich Englisch sein, aber auch Deutsch und Französisch.

Wenn Sie neugierig geworden sind und Interesse an unseren Themen und Arbeitsweisen haben, laden wir Sie gerne als Gast zu einem gesund verNETZt-Meeting ein. Senden Sie einfach eine Mail an . Normalerweise findet das Meeting jeden letzten Montag im Monat statt.Unterstützen Sie uns! Für Projekte, aber auch für die laufenden Kosten unserer Verwaltung, für Versicherung und Homepage etc. ist gesund verNETZt e.V. auf Unterstützung angewiesen.

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Thomas Warmbold
1. Vorsitzender

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